Ulrich Bohnen, LohnFix |
Verfasst am
14.10.2015 um 17:21 Uhr
Guten Tag,
als Quelle der Regelung wurde uns genannt: "Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit am 07./08.05.2008; Übermittlung des Beitragsnachweisdatensatzes nach § 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV; hier: Auslegung der Frist von zwei Arbeitstagen
In der Praxis ist festgestellt worden, dass der Übermittlungszeitpunkt anhand der Beschreibung und der Tabelle im gemeinsamen Rundschreiben vom 28.12.2007 unterschiedlich ausgelegt wird und dazu führt, dass die Beitragsnachweise erst im Laufe des zweiten Arbeitstags vor der Fälligkeit von den Arbeitgebern oder Rechenzentren an die Datenannahmestellen übermittelt werden bzw. dort vorliegen. Das führt gerade in den Monaten zu Problemen, in denen der zweite Arbeitstag vor Fälligkeit auf einen Montag fällt oder Feiertagsregelungen zu beachten sind. Die Besprechungsteilnehmer stellen klar, dass die Aussage in dem gemeinsamen Rundschreiben vom 28.12.2007, wonach der Beitragsnachweis spätestens zu Beginn des fünftletzten Bankarbeitstags des Monats vorliegen muss, bedeutet, dass der Beitragsnachweis der Einzugsstelle um 0.00 Uhr dieses Tags vorliegen muss. Der Beitragsnachweis ist also nur dann rechtzeitig eingereicht, wenn die Krankenkasse am gesamten fünftletzten Bankarbeitstag des Monats über den Beitragsnachweis verfügen kann."
Das bedeutet: Die Krankenkassen handhaben die Regelungen im SGB so, dass die Nachweise im Falle von Abbuchung bis Ende des sechsletzten Bankarbeitstages bei Ihnen eingegangen sein müssen (dieser Tag ist im Kalender in LohnFix seitlich rot markiert). Ich verstehe den Wortlaut im SGB zwar anders. Aber in der Handhabung haben die Kassen 'das letzte Wort'. Wenn die Kassen diese Frist brauchen, dann bleibt den Arbeitgebern keine andere Wahl, als die von den Kassen gesetzte Frist zu beachten.
Was ist die allgemeine Schlussfolgerung daraus? Die Frage von fünft- oder sechstletztem Bankarbeitstag ist nur eine von vielen Stellen, die im Sinne der "Spitzenverbände der Sozialversicherung" geregelt sind. Die Arbeitgeber und die beauftragte Büros haben ein berechtigtes Interesse an Abläufen, die beiden Seiten gerecht werden.
Dass die finanzielle Lasttragung bei den Arbeitgebern liegt, ist am Ende unausweichlich. Dass die Pflichten in den Verfahren einseitig zu Lasten der Arbeitgeber gehen, ist nicht unausweichlich:
1. Arbeitgeber wurden verpflichtet, Daten nur elektronisch zu liefern (was eine Kette von EDV-technischen Folgen hat). Nun kommt noch hinzu, dass Nachrichten von den Kassen auch nicht mehr auf dem normalen Postweg empfangen werden sollen (so sieht es die Beschlussvorlage für das U1-U2-Verfahren ab 2016 vor).
2. Aus komplexen Formularen der verschiedenen Amtsstellen wurden 1:1 elektronische Datensätze gebildet (z.B. die EEL- und BEA-Bescheinigungen, immer längere Lohnsteuerbescheinigungen). Sie hätten vor Umstellung auf den Prüfstand gehört, statt die Datensätze anschließend kontinuierlich zu modifizieren. Die Verfahren sind nicht aufeinander abgestimmt (Steuer und SV folgen unterschiedlichen Logiken) und sind mit Ablauf-Fehlern behaftet (ELStAM: ein neuer Neben-Arbeitgeber kann die AN-Steuerklasse beim 'unschuldigen' Hauptarbeitgeber auf VI ändern; dies ist ein eingebauter Fehler, den es vorher nicht gab und der anscheinend nicht zu beseitigen ist).
3. Änderungen werden seit neuem gar nicht mehr erklärt, die "Kommunikation" erfolgt automatisch von Maschine zu Maschine: so bei den "mehrfachbeschäftigten Übergrenzern"; oder: die Änderung der Lohnsteuer im Dezember 2015 wird in die Programme eingepflegt, ohne dass es hierzu von Amts wegen Erläuterungen an die Betroffenen gäbe.
4. Die Vorfälligkeit der SV-Beiträge war bei der Einführung im Januar 2006 eine Zumutung, sie ist eine Zumutung und wird immer eine Zumutung bleiben. Weder 2006 noch danach haben sich die Arbeitgebervertreter in diesem Sinne irgendwie vernehmbar geäußert - hatte der Wechsel der Regierung im Herbst 2005 die Arbeitgeberseite verstummen lassen? Mir fehlen einfach die Worte dafür, wie man als Verband die eigene Partei (die Arbeitgeber) derart im Regen stehen lassen kann.
5. Geht die Zahlung bei Überweisung einen Tag zu spät ein, erheben die Kassen einen Säumniszuschlag von 1% des Zahlbetrags. Das sind auf das Jahr hochgerechnet Verzugszinsen von 365%. Die Höhe dieses "Säumniszuschlages" auf vorfällige (!) Zahlungen ist masslos übertrieben.
6. Die Berechnung und Abführung der Beiträge - wie auch der Steuern - ist eine Dienstleistung, die von den Arbeitgebern im Interesse des Großen-Ganzen unentgeltlich erbracht wird (ein Einbehalt oder Rückerstattung wäre möglich. Genauso machen es die Krankenkassen, die sich nur für die Beitragseinziehung durch einen 'Einbehalt' mehr als ordentlich bezahlen lassen). Allein für ihre Super-Dienstleistung hätten die Arbeitgeber Dank und Anerkennung der Empfangsstellen verdient. Stattdessen werden sie geschurigelt von allen Seiten. Die Empfangsstellen nutzen ihr Recht zur Vorgabe von Formularen, Fristen, Datensätzen und Art der Übertragung und Rückübertragung so, dass die Komplexität stetig steigt, die Arbeit zu den Arbeitgebern und Softwarefirmen verlagert und der Spielraum auf der Senderseite immer enger wird. Das Bild wird komplettiert durch Kontrollen bis auf den Cent und von vertraglichen Regelungen (Beispiel: wurden SFN-Zuschläge - wie gesetzlich vorgeschrieben(!) - auch für den Urlaub bezahlt?!!), Aufzeichnungspflicht bis zur Minute und ab 2016 eine Verpflichtung zum wöchentlichen Datenabruf als gäbe es nichts anderes zu tun. Zugleich wird die Unterstützung der Krankenkassen bei Korrekturen beginnend in 2016 nach und nach reduziert: Datensätze durchlaufen eine neue Bestandsprüfung und nicht zum Bestand passende Daten werden nicht mehr angenommen.
Zurück zur Ausgangsfrage: In dem von unserer Anwenderin eingangs geschildertem Fall drückt sich dieses Ungleichgewicht der beiden Seiten aus. Man kann die Verschiebung des Bearbeitungsaufwands auch als versteckte Beitrags- und Steuererhöhung sehen (u.a. sichtbar werdend in steigenden Gebühren von Abrechnungsbüros und Software).
Dieses lässt sich hier nur beschreiben, lösen lässt sich das Ungleichgewicht und die Folgen nicht.
Als Wege für die Zahlung der Beiträge verbleiben in diesem Rahmen: a) Die Einzugsermächtigung mit Beitragsnachweisen, die dann möglichst frühzeitig abgesandt werden (wie von Frau Nettler beschrieben) b) Die eigene Überweisung so, dass die Zahlung am drittletzten Bankarbeitstag bei den Kassen eingeht. In diesem Fall hat der Eingangstermin des Kassennachweises seine Bedeutung verloren.
Ich hoffe, die Vorgänge so beschrieben zu haben, wie sie tatsächlich sind. Mit freundlichen Grüßen Ulrich Bohnen |
Ulrich Bohnen, LohnFix |
Verfasst am
02.10.2015 um 12:48 Uhr
Sehr geehrte Frau Drewanz, und hallo an alle Leser,
der Fall ist komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint.
Was besagen die Vorschriften?
In SGB IV lautet die Bestimmung wie folgt: § 23 Fälligkeit Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig. und in § 28f: Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln.
Daraus leitet sich ab: Beitragsnachweise werden am fünftletzten Bankarbeitstag des Monats fällig.
Das haben Sie so gemacht. Das Transferticket, das vom Empfänger-Rechenzentrum der Krankenkassen zurückgemeldet wird, ist Ihr Beleg. Die Stellen 9 bis 12 des Tickets geben übrigens die Uhrzeit des Empfangs an, evtl. teilen Sie diese hier auch noch mit. Der fünftletzten Bankarbeitstag wurde in den Vorjahren auch seitens der Kassen als Tag der Einreichung definiert. Jetzt lesen sich die Formulierungen der Krankenkassen aber durchaus anders. Sehr klar kommt dies in der Formulierung bei der Barmer zum Ausdruck: Der drittletzte Bankarbeitstag eines Monats ist Fälligkeitstag für die Beitragszahlung. Der Datensatz des Beitragsnachweises muss zwei Bankarbeitstage vor Fälligkeit vorliegen (bis zum Beginn des fünftletzten Bankarbeitstages, 0.00 Uhr). Der Beitragsnachweis ist deshalb spätestens am Vortag, am sechstletzten Bankarbeitstag des Monats, zu übermitteln. Falls Sie den Nachweis nicht rechtzeitig übermitteln können, wird die Beitragsschuld geschätzt.
Zur Klärung des Sachverhalts haben wir die Frage an den Berater von der ITSG weitergegeben. Im SGB IV finde ich keinen Hinweis auf den 'Vortag'.
Was ist das (vorläufige) Fazit? Mit Arbeitgebern kann Schlitten gefahren werden . Diese Tour hatte mit dem Verfahren der Vorfälligkeit in 2006 begonnen. Die einzigen, die den Punkt unverändert beschreiben, ist dieses Forum und unsere anderen Verlautbarungen.
Unserer Empfehlung ist in der Konsequenz: kein Abbuchungsverfahren. Wenn Sie im Fahrersitz der Beitragszahlungen bleiben wollen, müssen Sie die Beiträge selbst überweisen. Mit der Zahlungsliste und dem Export in die Sepa_Ueberw.XML ist die eigene Überweisung keine große Schwierigkeit.
Das soll natürlich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen durch alle Beteiligte nicht aufheben.
Mit freundlichen Grüßen Ulrich Bohnen Seyfried Informatik KG |